Vom 7. Juni 2017
Dürfen Facebook und andere soziale Netzwerke sich weigern, Passwörter und Nutzerdaten an die Erben eines Verstorbenen herauszugeben? In der vergangenen Woche entschied das Kammergericht Berlin (Urt. v. 31.5.2017, Az.: 21 U 9/16): Nein, Facebook kann die Herausgabe der Informationen an Erben aus Gründen des Fernmeldegeheimnisses ablehnen. Geklagt hatte die Mutter eines Mädchens, das 2012 von einer U-Bahn in Berlin überrollt und getötet worden war. Die Mutter erhoffte sich durch den Einblick in den Chatverlauf ihrer Tochter Aufschlüsse über Hintergründe eines möglichen Suizids. Die Entscheidung des Kammergerichts wurde mit Spannung erwartet. Denn viele rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Internet sind noch ungeklärt. Die Berliner Entscheidung, mit der Facebook nun Recht bekam, ist aber sicher noch nicht das letzte Wort in der Sache. Am Ende wird der Bundesgerichtshof als höchste Instanz die Frage abschließend klären müssen.
Passwörter, Nutzernamen, Homepages, Verträge im Netz – fast jeder ist heutzutage online. Im Todesfall geht der digitale Nachlass dann wie ein Sparbuch und andere realen Besitztümer auf die Erben über.
Wie aber können Erben Konten sperren, wenn sie die Passwörter nicht kennen?
Und auch online geschlossene Verträge gehen im Todesfall auf die Erben über. Bestellungen bei Amazon, im Internet gebuchte Reisen, laufende Ebay-Aktionen – die meisten Verträge enden nicht automatisch mit dem Tod. Sie müssen also von den Erben gekündigt werden. Wenn die Erben keinen Überblick über Verträge, Zugangsdaten und Passwörter haben, wird es schwierig für sie, sich um die Abwicklung des digitalen Nachlasses zu kümmern.
„Für die Erben ist es hilfreich, wenn in einer Vorsorgevollmacht und ggf. auch im Testament festgelegt wird, wer im Todesfall Zugang zu den Internetdiensten erhalten soll“, erklärt Stephanie Herzog, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im DAV. „Wichtig ist, die dazu gehörenden sensiblen Nutzerdaten an einem sicheren Ort aufzubewahren.“ Dazu eignet sich zum Beispiel die Hinterlegung eines Masterpasswortes in einem Safe oder Bankschließfach. Daneben besteht die Möglichkeit, diese Daten bei einem Notar zu hinterlegen.
Wer verhindern will, dass die Familie Einblick in bestimmte Daten erhält, kann dies ebenfalls regeln. Eine Möglichkeit ist, im Testament einen Testamentsvollstrecker zu benennen, der solche Daten dann löscht; reine Vermächtnisanordnungen sind hingegen nur eingeschränkt geeignet, erklärt Herzog.
Wie sich der digitale Nachlass am besten regeln lässt, sollte gut bedacht werden. Das A und O ist in jedem Fall, einen guten Überblick über Passwörter und Nutzerdaten zu haben und diese auch regelmäßig zu aktualisieren.
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