Vom 18. Oktober 2017
Immer wieder passiert das: Ein Elternteil ist gestorben, der zuletzt unter Betreuung stand. Oder eine Vertrauensperson, die in der Nähe der Eltern lebte, hatte eine Vorsorgevollmacht und/oder Bankvollmacht, die über den Tod hinaus weiter gültig war. Was tun, wenn Erben Wochen und Monate später beim Einblick in die Bankbelege Unregelmäßigkeiten auf dem Konto des Erblassers feststellen? Obwohl Mutter oder Vater doch zuletzt ein schwerer Pflegefall war und kaum Geld benötigte, wurden regelmäßig hohe Beträge vom Konto abgehoben. Wofür? Statt dem erwarteten Guthaben auf dem Konto befindet sich dort nur noch ein Minibetrag, der zur Verteilung für die Erben zur Verfügung steht. Schnell liegt der Verdacht auf der Hand: Hier stimmt was nicht. Was tun?
Am besten ist es in solchen Fällen, möglichst schnell zu handeln. „Um Schaden zu begrenzen ist es ratsam, bestehende Vollmachten, die über den Tod hinaus weiter laufen, sofort zu widerrufen“, rät Jan Bittler, Rechtsanwalt und Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. Wenn alle Erben sich einig sind über die Vorgehensweise, können sie den Widerruf gemeinsam gegenüber einem Bevollmächtigten erklären. Aber auch jeder einzelne Miterbe einer Erbengemeinschaft kann handeln. Er benötigt nicht die Mitwirkung der anderen, um bestehende Vollmachten zu widerrufen. Folge des Widerrufs ist, dass die Vollmacht erlischt. Der Bevollmächtigte darf sie also nicht mehr im Rechtsverkehr einsetzen und muss sie herausgeben. „Verfügt er dann trotz Widerrufs noch über Nachlassgegenstände, macht er sich schadenersatzpflichtig und möglicherweise sogar strafbar“, erklärt Experte Bittler.
Unregelmäßigkeiten auf dem Bankkonto des Erblassers können Erben aufklären, indem sie Auskünfte und Rechnungslegung vom Bevollmächtigen einfordern. Hintergrund: Der Vollmacht zugrunde liegt in der Regel ein Auftragsverhältnis. Die Rechte des Bevollmächtigten und seine Pflichten, unter anderem die Auskunftserteilung gegenüber dem Vollmachtgeber, sind im Bürgerlichen Gesetzbuch ausführlich geregelt. Da die Erben mit dem Tod des Erblassers in seine Fußstapfen treten, können sie wie er zuvor seinen Anspruch auf Auskunfterteilung geltend machen – notfalls auch vor Gericht.
Wenn der Erblasser zuletzt unter gesetzlicher Betreuung stand, haben Erben unter Vorlage eines Erbscheins daneben die Möglichkeit, Einsicht in die Akte beim zuständigen Amtsgericht zu nehmen. Dort gewonnene Erkenntnisse können hilfreich sein, Unregelmäßigkeiten aufzuklären und gegebenenfalls Schadenersatz vom Betreuer zu fordern.
Tipp: Am besten ist es, wenn Sie sich in solchen Fällen von einem erfahrenen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht beraten lassen. Einen Experten in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltsuche.