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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 11. Februar 2016

Urlaubsabgeltung nach dem Tod

(dpa/red). Eine Urlaubsabgeltung bekommt man, wenn man den Urlaub nicht mehr nehmen kann. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor der Urlaub genommen werden konnte. Fraglich ist allerdings, ob die Erben eines verstorbenen Beamten, quasi für diesen eine Urlaubsabgeltung beanspruchen können, weil der Erblasser wegen seines Todes keinen Urlaub mehr nehmen konnte. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Karlsruhe.

 

Der Fall

Ein Beamter verstarb 2014, bevor er das Pensionsalter erreichte. Im Jahr 2013 hatte er nur 12 und für das Jahr 2014 bis zu seinem Tod keinen Urlaubstag genommen. Zudem hatte er als Schwerbehinderter darüber hinaus einen Anspruch auf Gewährung von 6 weiteren Zusatztagen. Die Erben machten eine Urlaubsabgeltung für alle nicht genommenen Urlaubstage geltend. Der Dienstherr wiedersprach der Vererbbarkeit eines solchen Anspruchs auf Urlaubsabgeltung.

 

Nach Europarecht ja, nach deutschem Recht nein

Das VG Karlsruhe differenzierte in seinem Urteil vom 16. Juli 2015: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und dem europäischen Recht sind einzelstaatliche Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eine Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tode des Arbeitnehmers endet, mit der diesbezüglichen europäischen Richtlinie unvereinbar. (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014, AZ: C-118/13 Bollacke). Diese schreibt vor, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen erhält. Das VG Karlsruhe hielt diese Regelung für unmittelbar auf die Rechtsverhältnisse der Bundes- und Landesbeamten übertragbar, denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff auch Beamte erfasst.

 

Die deutschen Gesetze über die Gewährung von Urlaub sehen hingegen eine Abgeltung dessen nach dem Tod nicht vor. Daher kann eine Abgeltung nur für die unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubszeit in Höhe von 20 Urlaubstagen (vier Wochen) für das Jahr 2013 bzw. für einen anteiligen Urlaubsanspruch von 3 Urlaubstagen für das Jahr 2014 beanspruchen, sodass nach Abzug der im Jahr 2013 in Anspruch genommenen 12 Urlaubstage ein abgeltungsfähiger Urlaubsanspruch im Umfang von 11 Urlaubstagen verbleibt. Ein darüber hinausgehender Anspruch auch auf Abgeltung weiterer 6 Urlaubstage für den üblicher Weise zu gewährenden Zusatzurlaub für Schwerbehinderte besteht hingegen nicht, weil es sich ebenfalls um deutsches Recht handelt.

 

Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 16. Juli 2015 (AZ: 3 K 24/15)