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Pflichtteil

10 Fragen & Antworten

Die Antworten ersetzen keine individuelle Rechtsauskunft. Ihre persönliche Situation besprechen Sie bitte direkt mit einem Anwalt Ihres Vertrauens. Diesen finden Sie unter Anwaltsuche.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Das Bürgerliche Gesetzbuch sichert nahen Angehörigen ein Mindesterbe zu, falls sie im Testament nicht bedacht wurden. Anspruch auf diesen Pflichtteil haben Ehepartner, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner, Kinder (auch Adoptivkinder) oder deren Nachkommen (Abkömmlinge) und die Eltern des Verstorbenen, falls er kinderlos war. Geschwister gehen leer aus. 

Wie hoch ist mein Pflichtteil?

Die Pflichtteilsquote entspricht der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Wichtig für die Ermittlung ist die Frage, ob der Erblasser verheiratet war und wenn ja, in welchem Güterstand. Darüber hinaus kommt es auch auf die Zahl der konkret pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge – Kinder (auch Adoptivkinder), Enkel, Urenkel – des Erblassers an.

Beispiel: Der Verstorbene war verheiratet. Das Ehepaar lebte in Zugewinngemeinschaft und hatte zwei Kinder. Dem Ehepartner als gesetzlichem Erben steht die Hälfte des Erbes zu. Die zweite Hälfte wird zwischen den beiden Kindern (Abkömmlingen) aufgeteilt. Jedes Kind bekommt also ein Viertel. Weil die Pflichtteilsquote der Hälfte davon entspricht, erhält das pflichtteilsberechtigte Kind ein Achtel vom Wert des Nachlasses, abzüglich aller Nachlassverbindlichkeiten. Dazu gehören zum Beispiel Beerdigungskosten und Schulden des Erblassers. 

Wie erfahre ich als Pflichtteilsberechtigter etwas über den Nachlass und seinen Wert?

Der Erbe muss Sie auf Nachfrage über das Vermögen des Verstorbenen informieren. Auch darüber, ob Vermögen zu Lebzeiten verschenkt wurde. Als Pflichtteilsberechtigter haben Sie außerdem das Recht, vom Erben Verkehrswertgutachten über den Wert von Immobilien des Erblassers, aber auch von Gegenständen wie Schmuck, Gemälde, Kunstgegenstände, Teppiche etc. zu verlangen. Die Kosten für ein solches Gutachten zahlt zunächst der Erbe aus dem Nachlass. Als Pflichtteilsberechtigter tragen Sie die Kosten in Höhe Ihrer Pflichtteilsquote mit. 

Wie kann ich als Pflichtteilsberechtigter die Auskünfte des Erben überprüfen?

Sie bekommen zwar keine Auskunft bei Banken, aber Sie können sich beispielsweise beim Grundbuchamt erkundigen, ob der Verstorbene zu Lebzeiten eine bestimmte Immobilie verschenkt hat. Möglich ist auch, direkt beim Nachlassgericht die Nachlassakte einzusehen. Darin finden sich oft Angaben über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen.

Habe ich das Recht, die Bankunterlagen des Verstorbenen einzusehen?

Ein Pflichtteilsberechtigter hat nur das Recht dazu, sich beim Erben über das gesamte Vermögen des Verstorbenen zu informieren. Der Erbe muss dann mitteilen, welches Vermögen der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes hatte und was er über Schenkungen zu Lebzeiten weiß. Beweisen muss der Erbe seine Angaben nicht, weder durch Bankunterlagen noch durch Rechnungen oder Quittungen.

Ich bekomme einen Pflichtteil. Kann ich mitreden, was einzelne Dinge im Nachlass betrifft?

Nein, Sie haben nur Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrags in Höhe der Quote Ihres Pflichtteils. Dieser errechnet sich aus dem zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Vermögen abzüglich aller Nachlassverbindlichkeiten und Schulden. 

Sie dürfen nicht mitbestimmen, ob zum Beispiel ein Haus verkauft, vermietet oder von einem Erben selbst genutzt wird. Ihnen stehen auch keine einzelnen Dinge aus dem Nachlass, wie Hausratsgegenstände, Schmuck oder Erinnerungsstücke – etwa Fotos, Briefe des Erblassers etc. – zu. 

Kann ich mein Kind vom Pflichtteil ausschließen, weil es sich jahrelang nicht mehr gemeldet hat und den Kontakt zu meinen Enkelkindern verhindert?

Nein. Die Möglichkeiten einen Pflichtteil zu entziehen sind in § 2333 BGB geregelt: Es müssen gravierende Umstände vorliegen. Zum Beispiel dass das Kind dem Erblasser oder einem nahen Angehörigen nach dem Leben trachtet oder dass das Kind zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde. Bloße seelische Grausamkeit gegenüber den Eltern reicht nicht als Grund, den Pflichtteil zu entziehen. Das gleiche gilt, wenn kein Kontakt mehr zum Kind besteht oder es den Kontakt der Enkel zu Oma und Opa blockiert.

Kann ich den Pflichtteilsanspruch meines Kindes verhindern, indem ich zu Lebzeiten mein gesamtes Vermögen wegschenke?

Grundsätzlich ja, es gibt aber wichtige Ausnahmen. Zudem müssen zwischen Schenkung und Erbfall zehn Jahre vergehen, damit die Schenkung komplett pflichtteilsfest ist. Bis dahin fällt die Schenkung zumindest  teilweise bei der Berechnung des Pflichtteils ins Gewicht. Denn das Gesetz sieht vor, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch, mit dem Ihr Kind seinen reduzierten Pflichtteil erhöhen kann, sich für jedes zwischen Schenkung und Erbfall liegende volle Jahr um jeweils zehn Prozent verringert. Nach zehn Jahren ist also der Pflichtteilsergänzungsanspruch Null. Allerdings beginnt die 10-Jahresfrist erst sicher zu laufen, wenn die Schenkung vorbehaltslos erfolgt ist. Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt die 10-Jahresfrist erst nach einer Scheidung.

Entfällt der Pflichtteilsanspruch eines Kindes, wenn der andere Ehegatte zum alleinigen Erben eingesetzt wird (Berliner Testament)?

Nein, Kinder haben immer einen Pflichtteilsanspruch, sofern nicht Pflichtteilsentziehungs- oder Pflichtteilsunwürdigkeitsgründe im Sinne des Gesetzes vorliegen. Ansonsten können Pflichtteilsansprüche eines Kindes nur über einen mit dem Kind geschlossen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag ausgeschlossen werden. 

Verhindern Pflichtteilsstrafklauseln im Testament, dass Kinder ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen?

Ist ein Elternteil gestorben, hindert eine Pflichtteilsstrafklausel das Kind rechtlich gesehen nicht daran, sofort den Pflichtteil vom länger lebenden Elternteil zu verlangen. Die Pflichtteilsstrafklausel sieht nur vor, dass das Kind beim Tod des zweiten Elternteils wiederum nur den Pflichtteil erhält. Sie schafft so einen Anreiz, zunächst auf den Pflichtteil zu verzichten.