Vom 26. Februar 2020
(dpa/tmn). Bestimmt die Erblasserin in ihrem Testament, dass sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach der Richtlinie des Deutschen Notarvereins richtet, so darf der Testamentsvollstrecker seine Vergütung auch nur in diesem Umfang aus dem Nachlass ausschütten. Zahlt er sich mehr oder gar vorzeitig aus, ist dies eine sog. Übermaßentnahme und Grundlage für eine Entlassung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht.
Der Fall
Eine Frau ist Reederin und Alleinaktionärin einer Werft. Sie lernt einen jungen Mann kennen, der als Honorarkonsul der Mongolei tätig ist. Durch ein Konstrukt von Gesellschaften und Stiftungen, in denen sie den Konsul als Geschäftsführer bzw. Vorstand einsetzt, ermöglicht sie diesem die fast vollumfängliche Kontrolle über ihr Vermögen und ihre Unternehmen. In den darauffolgenden Jahren geht es der Werft wirtschaftlich gut. Bei der Renovierung eines Segelschulschiffes der Bundesmarine fließen ca. 70 Mio. € an die Werft. Jedoch macht die Werft viele zweifelhafte Investitionen. Unter anderem erwirbt sie Schürfrechte in der Mongolei. Nach dem Tod der Reederin wird ihr Testament eröffnet. Alleinerbin ist eine durch den mongolischen Honorarkonsul geführte Gesellschaft. Auch die Testamentsvollstreckung soll er übernehmen. Laut Testament soll sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach den Richtlinien des Deutschen Notarvereins richten. Der Konsul erstellt nach Monaten der Testamentsvollstreckung ein „vorläufiges und unvollständiges Nachlassverzeichnis“, welches den Bruttonachlasswert (ohne Verbindlichkeiten) auf 1,2 Mio. € beziffert. Daraufhin hebt der Konsul 180.000 € von einem Konto der Erblasserin ab – Verwendungszweck: „Vergütung des Testamentsvollstreckers“. Einen Monat später stellt die Werft Insolvenzantrag. Das Nachlassgericht entlässt den Konsul aus seinem Amt als Testamentsvollstrecker. Der Konsul legt Beschwerde ein.
Entlassung wegen Auszahlung von 180.000 € als Übermaßentnahme
Die Abbuchung der 180.000 € von dem Konto der Erblasserin hingegen war als sog. Übermaßentnahme ein ausreichender Entlassungsgrund. Der Testamentsvollstrecker darf sich zwar selbst eine Vergütung aus dem Nachlass auszahlen, jedoch in Grenzen. Wo diese Grenzen sind, ist einzelfallabhängig. Die Erblasserin machte in ihrem Testament die Vergütung des Testamentsvollstreckers von der Richtlinie des Deutschen Notarvereins abhängig. Diese Richtlinie hat klare Regeln. Die erste Hälfte der Vergütung des Testamentsvollstreckers ist demnach fällig, wenn das Nachlassverzeichnis fertiggestellt ist. Die andere Hälfte ist fällig, nachdem die Erbschaftsteuer veranlagt wurde. Beides ist hier offensichtlich nicht eingetreten, da das Nachlassverzeichnis des Testamentsvollstreckers nach eigener Betitelung nur ein „vorläufiges und unvollständiges“ war. Eine Vergütung, egal in welcher Höhe, konnte der Testamentsvollstrecker demnach zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht fordern. Auch wenn eine Vergütung fällig gewesen wäre, so hätte sich diese nicht ansatzweise in der Sphäre von 180.000,00 € bewegt. Bei einem Bruttonachlasswert von 1,2 Mio. € wäre richtlinienkonform eine Vergütung von 36.060,00 €, maximal 108.180,00 € (im Falle bestimmter, hier nicht einschlägiger, Zuschläge) angemessen gewesen.
Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, Beschluss vom 28.08.2019 (2 W 66/19)