Vom 14. August 2019
(dpa/tmn). Hat der Erblasser seine Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Gesetz überlassen, so ziehen die Erben es oft in Betracht, ungewünschte Folgen z.B. durch eine Ausschlagung zu korrigieren. Verfehlt diese das Ziel, kann sie angefochten und damit rückgängig gemacht werden.
Der Fall
Ein Mann stirbt. Ein Testament hat er nicht gemacht. Er wird daher nach dem Gesetz von seiner Witwe und den beiden gemeinsamen Kindern beerbt. Die Kinder möchten, dass ihre Mutter Alleinerbin des Vaters wird und sie selbst erst nach dem Tode der Mutter zum Zuge kommen. Zu diesem Zweck schlagen sie ihr Erbe aus. Hierdurch wird allerdings die Mutter nur zu drei Vierteln Erbe; das restliche Viertel erhält der Bruder des Vaters, der dieses dann zusammen mit seinem eigenen Vermögen an seine Erben weitervererben kann. Von dieser Rechtsfolge hatten die Kinder nichts gewusst. Im Gegenteil: Der die Ausschlagung beurkundende Notar hatte ihnen gesagt, das Vorhandensein eines Bruders des Erblassers stelle kein Problem dar. Die Kinder fechten daraufhin die Ausschlagung an, um die Ausschlagung rückgängig zu machen.
Wirksame Anfechtung der Ausschlagung
Mit Erfolg, urteilen die Richter. Die Ausschlagung ist eine Willenserklärung und kann daher wie andere Erklärungen auch angefochten und so ungeschehen gemacht werden. Erforderlich ist nur, dass ein beachtlicher Irrtum vorliegt und die Anfechtung fristgerecht erfolgt. Als beachtlicher Irrtum ist ein sog. Inhaltsirrtum anerkannt. Ein solcher liegt vor, wenn man eine Erklärung im Rechtsverkehr abgibt, die einen anderen Inhalt hat, als man denkt. Bestellt man beispielsweise als Tourist in Köln einen „halve Hahn“ in dem Glauben, dass es tatsächlich ein „halber Hahn“ sei, so kann man das servierte Käsebrötchen wieder zurückgehen lassen.
Ausnahmsweise beachtlicher Rechtsfolgenirrtum
Irrt man sich – wie hier – über Rechtsfolgen, ist auch dieser Fall ausnahmsweise als relevanter Inhaltsirrtum anerkannt, wenn es dem Erklärenden gerade auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge primär ankommt. Hier ging es den Kindern gerade darum, mit ihrer Ausschlagung zu lenken, welche Person ihren Erbteil erhalten würde. Da sich ihre Vorstellung nicht mit der wahren Rechtslage deckte, ist eine Anfechtung möglich.
Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschl. v. 12.03.2019 (3 Wx 166/17)