Vom 7. November 2019
(dpa/tmn). Legt der Erblasser die Erbfolge fest, worin zunächst die Ehefrau erben soll, danach seine Kinder und im Fall des Vorversterbens eines der Kinder, seine Enkel, so darf die Ehefrau Gegenstände aus dem Nachlass nicht einfach verschenken. Tut sie es trotzdem, ist die Schenkung unwirksam. Dies gilt auch für den Fall, dass die Kinder die Erbschaft in dieser Form ausschlagen, solange sie nicht ihren Pflichtteil erhalten. Die Enkel treten dann an die Stelle ihrer ausschlagenden Eltern.
Der Fall
Ein Mann setzt in seinem Testament seine Ehefrau zur sog. „Vorerbin“, seine erwachsenen Kinder zu „Nacherben“ und seine Enkel zu „Ersatznacherben“ ein. Als Vorerbin hat die Erbin das Erbe für die Nacherben zu erhalten und darf insbesondere keine Nachlassgegenstände verschenken. Als die Kinder ihr Nacherbe ausschlagen, glaubt sie, nun vollumfänglich über den Nachlass verfügen zu können, und verschenkt eines der geerbten Grundstücke an ihren Großneffen. Nach ihrem Tod halten die Enkel sich für berechtigt, das Grundstück als Teil ihres Nacherbes von ihm heraus zu verlangen.
Enkel werden Nacherben
Zu Recht, urteilen die Richter. Die Ehefrau konnte trotz der Ausschlagung der Kinder das Grundstück nicht verschenken. Denn die Enkel sind als Ersatznacherben an die Stelle der Kinder getreten. Mit dem Tod der Ehefrau fällt ihnen damit die Erbschaft an und sie können Herausgabe des Grundstücks verlangen.
Eigentlich entfällt Nacherbenstellung bei Ausschlagung
Zwar fällt im Zweifel bei der Ausschlagung durch die Nacherben, das Erbe an den Vorerben zurück. Dies gilt aber nur dann, wenn der Erblasser nichts anderes angeordnet hat.
Anders, wenn Kinder keinen Pflichtteil erhalten
Sind Ersatznacherben bestimmt, so deutet das darauf hin, dass der Erblasser diese bei Wegfall der Nacherben begünstigen will. Für die Frage, ob das nicht nur im Todesfall der Nacherben, sondern auch bei deren Ausschlagung der Fall sein soll, kommt vor allem darauf an, ob die ausschlagenden Nacherben einen Pflichtteil erhalten haben. Die Kinder haben als Nacherbe nämlich die Wahl, entweder das Nacherbe anzunehmen oder es auszuschlagen und ihren Pflichtteil, sprich ihren unentziehbaren Mindestanteil am Erbe, zu verlangen. So müssen sie nicht warten, bis der Vorerbe verstirbt, sondern erhalten direkt einen Anteil am Erbe.
Erhielten die Enkelkinder infolge der Ausschlagung ihrer Eltern das Nacherbe, hätte das zur Folge, dass die Familie des ausschlagenden Elternteils sowohl den Pflichtteil als auch die Nacherbschaft erhielte. Es käme zu einer „Doppelberücksichtigung des Stammes“. Das wird der Erblasser regelmäßig nicht gewollt haben. Wenn die Kinder – wie hier – keinen Pflichtteil ausgezahlt bekommen haben, wird ihre Familie auch durch das Nacherbe nur einmal aus dem Erbe des Großvaters bedient. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der Erblasser seine Enkel auch im Falle des Ausschlagens der Kinder berücksichtigen wollte. Aus diesem Grund können die Enkel das Grundstück herausverlangen, da es Bestandteil der ihnen angefallenen Nacherbschaft ist.
Landgericht (LG) Bremen, Urt. v. 19.08.2019 (2 O 179/19)