Vom 19. Juni 2019
(dpa/tmn). Auch auf einem Notizzettel kann grundsätzlich ein wirksames Testament verfasst werden, solange der so geäußerte letzte Wille handgeschrieben und unterschrieben und der Erbe hinreichend bezeichnet ist. Außerdem sollte stets ein Datum angegeben werden. Die Erbeinsetzung einer Frau desjenigen, „der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt“ sahen die Gerichte nicht als ausreichend bestimmt an und erklärten sie für nichtig.
Der Fall
Eine Frau verstirbt, nachdem sie ihren Ehemann, sowie fast alle näheren Verwandten überlebt hat. Die einzigen noch lebenden Verwandten sind Nichten 2. Grades: die zwei Kinder ihres ebenfalls bereits verstorbenen Cousins. 2001 hatte die Verstorbene mit ihrem Ehemann ein gemeinschaftliches Testament verfasst, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Wer Erbe des Zweitversterbenden Ehegatten werden soll, hatten sie hierin nicht geregelt. Nach dem Tod ihres Ehemannes, erteilt die Frau einer ihrer Nichte eine Vorsorgevollmacht. Als ihre Tante verstirbt, legt diese Nichte einen kleinen Notizzettel ohne Datum vor, mit folgender, handschriftlicher und unterzeichneter Erklärung: „Wenn sich für mich einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der bekommt mein Haus und alles was ich habe.“ Die Nichte behauptet, dieser Zettel sei von ihrer Tante geschrieben worden, und, da sie sich um ihre Tante gekümmert habe, sei sie Alleinerbin geworden.
„Notizzetteltestament nur wirksam bei feststellbarem Testierwillen
Dem widersprechen die Richter. Die Nichte ist nicht Alleinerbin geworden, denn der handschriftliche Zettel stellt kein wirksames Testament dar. Dies liege allerdings nicht daran, dass es auf einem Notizzettel verfasst wurde. Ein Testament könne auch auf einer Papierserviette oder einem Bierdeckel geschrieben sein und trotzdem wirksam sein. Es müsse nur außer Zweifel stehen, dass der Verfasser auch den ernsthaften Willen hatte, ein wirksames Testament zu verfassen (Testierwille). Dies ist nach Ansicht der Richter vorliegend nicht abschließend feststellbar.
Fehlendes Datum kann zu Unwirksamkeit führen
Die Wirksamkeit des hiesigen „Notizzetteltestaments“ scheitert hier noch an weiteren Faktoren: Zum einen ist der Notizzettel nicht datiert. Zwar muss ein Testament nicht immer datiert sein, aber liegen mehrere Testamente vor und kann aus den äußeren Umständen nicht ermittelt werden, welches das neuere und damit wirksame Testament ist, ist das nicht datierte Testament im Zweifel unwirksam. Hier ist nicht mit Sicherheit feststellbar, ob die verstorbene Tante den Notizzettel verfasst hat, bevor oder nachdem sie ihren Ehemann zum Alleinerben eingesetzt hat.
Person des Erben nicht hinreichend bestimmt
Auch die Formulierung „wer für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt“ ist nicht hinreichend bestimmt und steht daher der Wirksamkeit des Testaments entgegen. Zwar muss die bedachte Person nicht namentlich genannt sein, aber sie muss durch das Testament und die äußeren Umstände so umschrieben werden, dass sie von Dritten zuverlässig benannt werden kann. Dies ist hier nicht der Fall, urteilen die Richter. Das Wort „Aufpassen“ könne sowohl das bloße Achtgeben als auch das aktive Helfen im Alltag umfassen. Hierunter könnten einzelne Personen oder mehrere fallen: Nachbarn, die ab und zu klingeln, um sich nach dem Wohlergehen zu erkundigen oder Bekannte, die mit dem Ausfüllen von Formularen helfen. Damit ist nicht eindeutig, dass mit der Formulierung die Nichte gemeint ist, der die Erblasserin Vorsorgevollmacht erteilt hat. Der Notizzettel ist kein wirksames Testament.
Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig, Beschl. v. 20.03.2019 (1 W 42/17)