Vom 15. Februar 2022
(dpa/tmn). Wer erbt, muss sich regelmäßig durch einen Erbschein als Erbe legitimieren. Doch gerade wenn betagte Menschen versterben und ihren Ehepartner zum Erben einsetzen, kommt es häufig vor, dass der Ehepartner als Alleinerbe bereits dement und damit geschäftsunfähig ist. Wer kann dann einen Erbscheinsantrag stellen? Ist dann stets ein Betreuer erforderlich? Nein, auch hier kann man durch eine Vorsorgevollmacht Vorsorge treffen.
Der Fall
Ein Mann verstirbt in einer Pflegeeinrichtung. Er hinterlässt seine Ehefrau und seine Tochter. Die Witwe, die er in einem privatschriftlichen Testament zu seiner Alleinerbin eingesetzt hatte, leidet an einer Parkinson-Demenz und ist nach ärztlicher Stellungnahme daher nicht mehr geschäftsfähig. Zuvor hatte sie ihrem verstorbenen Mann und ersatzweise ihrer Tochter schriftlich eine Vorsorgevollmacht erteilt. Gestützt auf diese Vollmacht beantragt die Tochter für ihre Mutter einen Erbschein, der diese als Alleinerbin ausweist. Sie gibt auch die hierzu notwendige eidesstattliche Versicherung ab. Die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts weist dies zurück, da eine Stellvertretung bei der Antragstellung eines Erbscheins nicht zulässig sei und die Tochter auch nicht für ihre Mutter die Richtigkeit ihrer Angaben an Eides Statt versichern kann; es sei die Bestellung eines Betreuers erforderlich.
Bei der Erbscheinsantragstellung ist eine Vertretung zulässig
Zu Unrecht, urteilt das Gericht. Auch im Erbscheinsverfahren kann sich der Antragsteller vertreten lassen und zwar nicht nur durch einen Rechtsanwalt, sondern auch durch andere Personen, wie z.B. einen volljährigen Familienangehörigen. Zum Nachweis der Vollmacht ist eine schriftliche Vollmacht vorzulegen. Diese muss – anders als z.B. ein Testament – nicht eigenhändig geschrieben oder notariell beurkundet sein. Vielmehr genügt eine maschinenschriftliche Fassung, die eigenhändig unterzeichnet ist.
Vorsorgebevollmächtigter kann auch Eidesstattliche Versicherung abgeben
Zwar ist die Rechtslage in Bezug auf die im Rahmen des Erbscheinsverfahrens abzugebenden Eidesstattlichen Versicherung grundsätzlich anders. Hier ist Vertretung durch eine Person, der der Antragsteller Vollmacht erteilt hat, z.B. auch durch einen Rechtsanwalt gesetzlich ausgeschlossen. Wer allerdings die Erklärung nicht eigenständig abgeben kann, weil er z.B. geschäftsunfähig ist, kann (und muss) die Erklärung, dass alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sind, durch einen vom Gericht bestellten Betreuer abgeben lassen. Die Richter schließen sich aber der immer mehr vertretenen Ansicht an, wonach der Vorsorgebevollmächtigte insoweit einem Betreuer gleichsteht. Er kann damit die Eidesstattliche Versicherung für den Antragsteller abgeben. Einer zusätzlichen Betreuerbestellung, die ja gerade durch die Vorsorgevollmacht verhindert werden soll, bedarf es nicht. Durch die Bestellung einer Betreuung würde auch kein Mehrwert geschaffen. Im Gegenteil: Der Zweck der Schaffung einer möglichst wahrheitsgetreuen Tatsachengrundlage für die Entscheidung des Erbscheinsantrags kann im Regelfall zuverlässiger dadurch erreicht werden, dass der Vorsorgebevollmächtigte, der auch sonst mit den Dingen des Antragstellers befasst ist, die Angaben macht und bestätigt.
Oberlandesgericht (OLG) Bremen, Beschl. v. 14.9.2021 (5 W 27/21)