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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 7. Oktober 2022

Eröffnung der Kopie eines Testaments

(dpa/tmn). Wer nach dem Tod eines Menschen dessen Testament findet, muss es beim Nachlassgericht abliefern, damit dieses es „eröffnen“, d.h. kopieren und den Betroffenen förmlich zustellen kann. Was aber gilt, wenn das Testament im Original nicht aufgefunden werden kann, sondern nur noch eine Kopie? Dann muss die Kopie eröffnet werden.

Der Fall
Eine Witwe finde eine Kopie eines am 2.1.1976 errichteten Testamentes ihres verstorbenen Ehemannes. Hierin hat ihr verstorbener Mann sie zu seiner Alleinerbin eingesetzt. Sie bringt die Kopie zum Nachlassgericht und bittet um „Eröffnung“ des Testaments. Die Kopie habe ihr Mann ihr zur Aufbewahrung überreicht. Das Nachlassgericht lehnt ab. Die Kopie eines Testaments sei nicht zu eröffnen, sondern nur das Original.

Kopie eines Testaments muss eröffnet werden, wenn das Original nicht auffindbar ist
Das Nachlassgericht muss ein sich dort befindliches Testament eröffnen, sobald es vom Tod des Testierenden erfährt. Zwar habe dies nach der älteren Rechtsprechung nur für Originale gegolten, da bei einer Kopie keine hinreichende Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe des vollen Inhaltes bestehe. Es sei aber anerkannt, dass die Erbfolge auch mittels eines nur noch in Kopie vorhandenen Testaments nachgewiesen werden kann. Dann aber sei es mit der jüngeren Rechtsprechung konsequent, auch die Kopie zu eröffnen. Dies gelte zumal, sich zahlreiche Folgen an die Eröffnung knüpfen. So beginne mit der Eröffnung die Ausschlagungsfrist und es erfolge eine Mitteilung an das Grundbuchamt sowie an das Erbschaftssteuerfinanzamt. Außerdem entspreche die Eröffnung einer Kopie in den Fällen, in denen das Original nicht aufzufinden ist, dem Sinn und Zweck des Testamentseröffnungsverfahrens. Dieser bestehe darin, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit durch zeitnahe amtliche Feststellung und Bekanntgabe vorhandener Verfügungen von Todes wegen, eine geordnete Nachlassabwicklung sicherzustellen. Daneben soll dem privaten Interesse der Beteiligten Rechnung getragen werden und ihnen soll durch die Testamentseröffnung zeitnah die Gelegenheit gegeben werden, die Verfügung auf ihre Rechtswirksamkeit und ihren Inhalt hin zu überprüfen sowie ihre Rechte am Nachlass wahrzunehmen. Diese Erwägung gälten auch für eine Kopie, wenn das Original des Testaments nicht mehr vorhanden ist. Daher war die Kopie zu eröffnen.

Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschl. v. 19.8.2022 (I-3 Wx 119/22)