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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 17. Oktober 2014

Hinterbliebene können einen Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen in einem Kondolenzportal haben

(dpa/red). Kann es eine Witwe verbieten lassen, dass jemand anderes im Internet auf einem Kondolenzportal eine öffentliche „virtuelle Grabstätte“ für ihren Ehemann einrichtet und dort über diesen schreibt? Das Landgericht Saarbrücken entschied in seinem Urteil vom 14. Februar 2014 (Az: 13 S 4/14) differenzierend, wie die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt:

Virtuelle Gedenkstätten auf Internetportalen nehmen zu. Jeder kann dort eine Traueranzeige über einen Verstorbenen veröffentlichen, jedoch zusätzlich mit der Funktion, dass auch jeder andere dort Beileidsbekundungen und Kommentare eintragen kann. Sie sind die moderne Form der in der Tagespresse seit jeher bekannten Traueranzeigen. Das Landgericht Saarbrücken hatte zu entscheiden, welche Rechte auf Löschung solcher Veröffentlichungen die nächsten Hinterbliebenen eines Verstorben haben.

Der Fall

Im zu entscheidenden Fall hatte eine Bekannte des Verstorbenen eine solche „virtuelle Grabstätte“ mit Todesanzeige und Kondolenzfunktion in einem Internetportal errichtet und sich hierin als Geliebte des Verstorbenen ausgegeben. Damit war die Witwe des Verstorbenen nicht einverstanden und klagte gegen den Betreiber der Internetseite, dass nicht nur sämtliche ihren Ehemann betreffende Daten gelöscht werden und die Löschung der Einträge im Suchverzeichnis der Internetseite www.google.de zu veranlassen, sondern insbesondere, dass sich die Bekannte dort nicht als Geliebte ihres Ehemannes ausgab.

Die Differenzierung des Gerichts

Das LG Saarbrücken entschied, dass grundsätzlich die Einrichtung einer solchen virtuellen Grabstätte durch andere Personen als die nächsten Angehörigen zulässig sei, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. Dies war hier der Fall, da die Witwe in der Tagespresse eine Sterbeanzeige geschaltet hatte, die alle Daten ihres Ehemannes enthielt. Die bloße Mitteilung von Namen, Geburts- und Sterbedaten, Wohnort, Berufsbezeichnung und letzter Ruhestätte in Internet beeinträchtigen den Verstorbenen nicht in seinem Achtungsanspruch und Geltungswert. Vielmehr handelt es sich um wertneutrale Daten ohne wertenden Bezug zur Persönlichkeit des Verstorbenen. Auch die Todesanzeigen in der Tagespresse werden häufig auf Veranlassung von Angehörigen geschaltet und stellen sich damit als sozialadäquat dar. Einen Unterschied zum Internet gibt es so gesehen nicht. 

Auch die Kommentarfunktion in dem Internetportal hat die Witwe zu dulden, auch wenn sie den generellen Wunsch hat, von Beileidsbekundungen ihr gegenüber abzusehen. Das Internetangebot ist nämlich nicht notwendig darauf gerichtet, von dem Angehörigen veranlasst oder von diesem wahrgenommen zu werden. In erster Linie soll sich in der Öffentlichkeit zu dem Verstorbenen geäußert werden. Hierdurch wird das Recht des Angehörigen nicht beeinträchtigt allein gelassen zu werden.

Die Witwe hat aber einen Anspruch auf die Löschung solcher Kondolenzeinträge, die den Eindruck erwecken, der Verstorbene habe eine außereheliche Liebesbeziehung mit ihrem Ehemann unterhalten: Die Klägerin muss diesen Eindruck nicht dulden. Soweit durch dortige Kondolenzeinträge unrichtige und ehrverletzende Tatsachen behauptet werden, muss der Betreiber dafür sorgen, dass diese nach Aufforderung des Betroffenen sofort wieder gelöscht werden. Hierzu gehört auch das Interesse der Witwe, „nicht als gehörnte Ehefrau zu erscheinen.“

 

LG Saarbrücken am 14. Februar 2014 (Az: 13 S 4/14)