Vom 11. September 2019
Köln/Berlin (dpa/tmn). Die Umstände, unter denen ein Testament errichtet wurde, einschließlich Ort und Sprache des Testamentes, können zur Anwendbarkeit ausländischen Rechtes führen und auf diesem Wege gegenüber dem deutschen Recht erweiterte Möglichkeiten z.B. in Bezug auf eine Anfechtung führen, wie dasOberlandesgericht (OLG) Köln mit Beschluss vom 05.06.2019 (2 Wx 142/19) entschieden hat. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Ein in Rumänien geborener Mann, verlegt seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland und erwirbt dort neben seiner rumänischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Während eines Urlaubs in seinem Heimatland lässt er bei einer rumänischen Notarin ein Testament in rumänischer Sprache aufsetzen, in dem er sich auf rumänisches Erbrecht bezieht. Er setzt seine Ehefrau als Alleinerbin ein. Einige Monate später verstirbt er. Seine Ehefrau geht aufgrund von Angaben der Sparkasse davon aus, dass der Nachlass ihres Mannes überschuldet ist und schlägt das Erbe aus. Als sie später realisiert, dass sie sich über die finanziellen Verhältnisse ihres Mannes geirrt hat, ficht sie die Ausschlagung der Erbschaft an.
Die Anfechtung hat Erfolg, urteilen die Richter. Das deutsche Recht lässt allerdings keine Anfechtung zu: Zwar kann ein Irrtum darüber, ob der Nachlass überschuldet ist, Grund für eine Anfechtung sein. Nach deutschem Recht jedoch dann, wenn sich der Ausschlagende ganz konkrete, auf Fakten beruhende, Vorstellungen dazu gemacht hat, warum der Nachlass überschuldet sein könnte und sich diese später als inkorrekt herausstellen. Allein durch Nachfrage bei einer einzigen Bank ist die Ehefrau diesen Anforderungen nicht gerecht geworden. Das rumänische Recht beurteilt dies anders. Hiernach kann eine Ausschlagung ohne weiteres innerhalb eines Jahres angefochten werden, wenn bis dato noch niemand anderes das Erbe für sich beansprucht hat. Da diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Ehefrau ihren Platz als Alleinerbin wieder einnehmen, wenn rumänisches Recht auf den Fall anzuwenden ist. Grundsätzlich gilt bei Erbfällen das Recht des Landes, in dem man zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hier wäre also deutsches Recht anzuwenden. Etwas anderes gilt dann, wenn der Erblasser eine Rechtswahl hin zu seinem Heimatrecht, also zum Recht seiner Staatsangehörigkeit getroffen hat. Dies muss nicht explizit geschehen, sondern kann sich auch aus dem Umständen ergeben. Hier ist davon auszugehen, dass der Erblasser seinen Erbfall nach rumänischem Recht abwickeln wollte, weil er sein Testament vor einem rumänischen Notar unter Bezug auf rumänisches Recht verfasst hat. Damit war es der Witwe noch möglich, ihre Ausschlagung nach rumänischem Recht anzufechten.