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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 9. Februar 2022

Wer als Erbe eine Forderung der Verstorbenen geltend macht, muss zum Nachweis seiner Erbenstellung nicht zwingend einen Erbschein vorlegen

(dpa/tmn) Wer verstirbt, vererbt sein gesamtes Vermögen. Doch der Nachlass besteht nicht immer nur aus Immobilien oder Bankguthaben. Nicht selten kommt es vor, dass Verstorbene noch Forderungen gegen andere hatten. Die Erben sind dann aufgerufen, diese gegen den Schuldner des Erblassers geltend zu machen. Doch was tun, wenn der Schuldner bestreitet, dass man wirklich der Erbe ist? Ist dann stets die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der eigenen Erbenstellung erforderlich? Nicht unbedingt. Wer seine Erbenstellung aus einem notariellen Testament oder Erbvertrag herleitet, kann auch hiermit die Richter von der eigenen Berechtigung überzeugen.

Der Fall
Ein Mann wird auf Rückzahlung eines Darlehens verklagt. Klagen tut allerdings diejenige, die ihm das Darlehen gewährt hat, sondern deren angebliche Erben. Der Darlehensschuldner verlangt zum Nachweis der Erbenstellung die Vorlage eines Erbscheins. Die Kläger sind der Ansicht, der vorgelegte notariell beurkundete Erbvertrag samt Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts, durch den sie zu gleichen Teilen zu Erben der Darlehensgeberin eingesetzt worden sind, genüge zum Nachweis, dass sie deren Erben sind.

Ohne konkrete gegenteilige Anhaltspunkte kann ein Erbvertrag nicht angezweifelt werden
Zu Recht, urteilt das Gericht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Erbe nicht verpflichtet, zum Nachweis seiner Erbenstellung stets einen Erbschein vorzulegen. Dies gilt sowohl für Rechtsbeziehungen unter Privatleuten als auch für Rechtsbeziehungen zwischen Verbraucher und Banken. Vielmehr kann der Erbe zum Nachlass aus ein notariell eröffnetes Testament vorlegen. Dieses kann der Anspruchsgegner nur in Zweifel ziehen, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erblasser das Testament später widerrufen oder geändert haben könnte und zu wessen Gunsten dies hätte erfolgt sein können. Allein die rein theoretischen Möglichkeit, dass der Erbvertrag unwirksam sein könnte, genügt nicht. Diese Erwägungen folgen aus den sog. Leistungstreuepflichten, die zwischen Vertragspartnern nach Treu und Glauben bestehen. Hieraus folgt die Pflicht, nur zumutbares vom anderen Teil zu verlangen, was auch wirklich nötig ist. Nach diesen Grundsätzen genügt aber die Vorlage einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen zum Erbnachweis zum Nachweis der Erbenstellung auch vor Gericht, um die Darlehensforderung einzuklagen.

Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Entsch. v. 22.10.2021 (7 U 139/21)