Vom 23. Mai 2018
(dpa/tmn). Durch lebzeitige Einräumung eines Nießbrauchs und späterer Erbeinsetzung können Pflichtteilsansprüche minimiert werden.
Der Fall
Der Erblasser begünstigt seine Lebensgefährtin und spätere Ehefrau mit einem lebenslangen Nießbrauchsrecht an seiner Wohnung und setzt sie testamentarisch als Alleinerbin ein. Nach seinem Tod macht sein Sohn Pflichtteilsrechte gegenüber der Stiefmutter geltend. Dabei setzt er den Wert der Wohnung so an, als wäre sie nicht mit einem Nießbrauchsrecht belegen.
Es kommt auf den Wert zum Zeitpunkt des Todes an
Das LG sieht dies anders: Bei der Berechnung des für den Pflichtteil maßgeblichen Nachlasswerts ist das Nießbrauchsrecht wertmindernd zu berücksichtigen, auch wenn die Stiefmutter als Alleinerbin Nießbrauchsberechtigte ist. Der Pflichtteilsberechnung ist der gemeine Wert zu Grunde zu legen, also der Wert, den der Nachlassgegenstand für jeden hat, mithin der Verkehrs- oder Normalverkaufswert. Der objektive Verkehrs- oder Normalverkaufswert des Nachlassgrundstücks ist durch das Nießbrauchsrecht der Beklagten drastisch gemindert. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht, weil das Nießbrauchsrecht der Stiefmutter noch zu Lebzeiten des Erblassers eingeräumt worden ist. Vererbt wurde lediglich ein mit dem Nießbrauchsrecht bereits belastetes Grundstück. Soweit der Sohn meint, die Stiefmutter sei durch das gemeinschaftliche Testament ausreichend abgesichert gewesen, ist dies rechtlich ohne Belang.
Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen der lebzeitigen Einräumung des Nießbrauchs kommen deshalb nicht in Betracht, weil die Schenkung erfolgte als die beiden noch nicht verheiratet waren und damit die nach dem Gesetz maßgebliche 10 Jahresfrist abgelaufen war.
Landgericht Kiel, Urteil vom 2.2.2018 (Az.: 12 O 82/17)