Vom 7. November 2018
(dpa/tmn). Oft werden in Testamenten einzelne Vermögensgegenstände verteilt. Eine Erbeinsetzung auf konkrete vorhandene Vermögensgegenstände ist nach deutschem Erbrecht aber nicht möglich. Hat eine Erblasserin über ihr gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung vorhandenes Vermögen in der Weise verfügt, dass sie alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet hat, so ist von einer Erbeinsetzung nach Quote auszugehen. In einem solchen Fall der erschöpfenden Zuwendung nach Vermögensgruppen sind die Erbteile anhand des wirtschaftlichen Wertverhältnisses der zugewandten Vermögensgruppen zum Gesamtnachlass zu ermitteln.
Der Fall
Eine verwitwete Mutter von drei Kindern stirbt. Sie hinterlässt zwei Testamente: Im ersten notariellen Testament setzt sie ihre Kinder zu je einem Drittel zu ihren Erben ein, im zweiten privatschriftlichen Testament erklärt sie das erste Testament für ungültig, beruft ihre Kinder zu ihren Erben und teilt jedem ihrer Kinder bestimmte Grundstücke zu, die unterschiedliche Werte haben; das Barvermögen wird zu je einem Drittel an ihre Kinder verteilt. Zwei der Kinder begehren einen Erbschein mit Quoten, die den Wertverhältnissen der Grundstücke entsprechen. Dagegen wendet sich das dritte Kind, das ein Grundstück mit einem deutlich geringeren Wert zugesprochen bekommen hat. Dieses geht davon aus, dass nur die Grundstücke zugeteilt worden sind (sog. Teilungsanordnung), es wertmäßig aber bei einer Erbeinsetzung zu je 1/3 geblieben sei.
Auslegung des Testamentes hin zu einer Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen
Zu Unrecht urteilen die Richter: Die Erblasserin hat das notarielle Testament vollumfänglich aufgehoben und ihren drei Kindern konkrete Grundstückswerte zugeteilt, von denen sie aufgrund einer vorangegangenen Schätzung wusste, dass sie nicht einer Drittelung des Nachlasses entsprechen; eine rechnerische Dreiteilung ist im privatschriftlichen Testament hingegen nur für das Barvermögen bestimmt. Eine Erbeinsetzung auf konkrete vorhandene Vermögensgegenstände ist nach deutschem Erbrecht nicht möglich. In Betracht kommt nur eine sog. Teilungsanordnung, die Anordnung von Vorausvermächtnissen – bei gleichzeitiger Einsetzung als Erben zu je einem Drittel – oder eine Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen mit unterschiedlichen Quoten. Den letzten beiden Varianten ist gemeinsam, dass sie letztlich zu einer Bevorteilung der einen gegenüber anderen Erben führen.
Hier steht nach dem klaren Wortlaut des Testamentes fest, dass alle drei Kinder Erben sein sollen. Dafür spricht auch, dass die Erblasserin praktisch ihr gesamtes Vermögen verteilt hat. Da die Erbeinsetzung zu je 1/3 aus dem notariellen Testament gerade aufgehoben wurde, ist von der Anordnung unterschiedlicher Erbquoten auszugehen. Das Wertverhältnis bestimmt sich nach dem Wert der jeweils zugewendeten Vermögensteile im Verhältnis zum Gesamtnachlass.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 11.06.2018 (8 W 198/16)