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Aktuelle Rechtstipps

Vom 22. Oktober 2019

Ist ein Testament auf einem Notizzettel wirksam?

Wer sein Testament selbst verfassen will, muss strenge Formvorschriften beachten. Der Text der Verfügung muss komplett mit der Hand geschrieben werden, mit Orts- und Datumsangabe versehen und mit Vor- und Zunamen unterschrieben werden. Bei Verstößen gegen diese Formalien besteht die Gefahr, dass der letzte Wille insgesamt unwirksam ist. Mit der Folge, dass der Inhalt eines zuvor errichteten wirksamen Testaments oder, falls keine anderweitige wirksame Verfügung von Todes wegen vorliegt, die gesetzliche Erbfolge nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt.

Kann ein Testament wirksam sein, das auf einem kleinen Notizzettel verfasst wurde? Über diese Frage musste das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) entscheiden. Eine Frau hatte auf einem undatierten wenige Zentimeter großen Zettel handschriftlich folgendes verfasst:

„Wenn sich für mich…, geb. am…einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt, der bekommt mein Haus und alles was ich habe.

………….. (Vor- und Zunamen)

Diesen Zettel lieferte die Klägerin nach dem Tod der Frau beim Nachlassgericht ab und beantragte einen Erbschein, der sie als Alleinerbin auswies. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass der Zettel ein wirksames Testament der Verstorbenen sei. Ihr Wille sei es gewesen, sie als Alleinerbin einzusetzen.

Die Erben eindeutig bestimmen

Das OLG war jedoch anderer Auffassung. Es stellte sich auf die Seite des Nachlassgerichts, das den Antrag der Klägerin zuvor zurückgewiesen hatte (OLG Braunschweig, Az.: 1 W 42/17). Es haperte jedoch nicht daran, dass die Erblasserin ihren letzten Willen auf einem Notizzettel verfasst hatte. Das Gericht hob in den Leitsätzen ausdrücklich hervor, dass ein Testament wirksam sein kann, wenn es auf einem nur wenige Zentimeter großen Notizzettel verfasst wird. Dies hatte das OLG Schleswig bereits 2015 ebenso entschieden (Az. 3 Wx 53/15). Wenn aber schon die äußere Form außergewöhnlich ist und Zweifel an der Wirksamkeit begründen kann, ist es umso wichtiger, dass zumindest die übrigen Formvorschriften eingehalten werden. Im Fall der Klägerin fehlten die Orts- und Datumsangabe. Es war daher zweifelhaft, wann die Erblasserin ihren letzten Willen verfasst hatte. Außerdem hatte sie keinen Erben mit Namen benannt. Auch dies muss für sich betrachtet nicht zwingend zur Unwirksamkeit des Testaments führen. Wichtig ist dann aber, dass eindeutig erkennbar ist, wer der begünstigte Erbe ist. Was die Erblasserin im Streitfall genau mit „aufpassen“ in Verbindung mit der Bedingung „nicht ins Heim stecken“ meinte, war aber nicht klar. Ob sie regelmäßiges Klingeln bei ihr an der Wohnungstür, nachfragen, wie es ihr geht, kümmern oder helfen meinte, ließ sich nicht klären. Das Gericht kam daher zu dem Ergebnis, dass die Erbeinsetzung zu unbestimmt und somit das gesamte Testament unwirksam war.

Strenge Formvorschriften beachten

„Immer wieder müssen Gerichte über die Wirksamkeit von Testamenten entscheiden, bei denen es an der äußeren Form mangelt oder der Inhalt zweifelhaft ist“, erläutert Stephanie Herzog, Fachanwältin für Erbrecht und Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. „Die Testierenden machen sich keine Vorstellung, was sie ihren künftigen Erben mit unklaren, auslegungsbedürftigen Verfügungen antun.“

Zweifelhafte unklare Formulierungen lösen nicht selten einen langwierigen Rechtsstreit unter den Erben aus, der doch gerade mit dem Testament verhindert werden sollte. „Wer meint, ohne fachliche Unterstützung sein Testament errichten zu können, sollte sich zumindest gut informieren“, rät die Expertin.

Ganz darauf zu verzichten, sollte auch gut überlegt sein. In diesem Fall gelten die gesetzlichen Erbregeln. Aber wollen Sie dem Gesetzgeber von 1900, der diese im Bügerlichen Gesetzbuch verankert hat, überlassen?

Daher der Rat: Regeln Sie selbst Ihren Nachlass, aber am besten nicht ohne professionelle Unterstützung. Denn das Erbrecht ist anders als viele denken sehr kompliziert. Ohne fachliche Unterstützung laufen Sie Gefahr, im schlimmsten Fall Erben eingesetzt zu haben, die Sie gar nicht bedenken wollten.

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