Vom 9. März 2019
Für Erben tickt die Uhr. Annehmen oder ausschlagen? Das ist die zentrale Frage, die es schnellstmöglich zu klären gilt. Grund: Die Frist, innerhalb der das Erbe ausgeschlagen werden kann, beträgt lediglich sechs Wochen. „Wer bis dahin die Erbschaft nicht ausgeschlagen hat, wird automatisch Erbe“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hans Hammann, Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Die Frist selbst beginnt mit der Kenntnis vom Todesfall, sofern nicht der Erblasser ein Testament gemacht hat. Im letztgenannten Fall bekommen die Erben etwas Zeitaufschub. Denn Ausschlagungsfrist beginnt erst mit der Eröffnung der letztwilligen Verfügung (= Testament oder Erbvertrag) durch das Nachlassgericht. Entsprechend endet sie sechs Wochen später.
Was gehört alles zum Nachlass? Hatte der Erblasser Immobilien, Lebensversicherungen, Schmuck oder Antiquitäten? Hinterließ er womöglich auch Schulden?
Hilfreich ist es, wenn die Erben eine Zusammenstellung des Erblassers über seine Vermögenswerte, Kontoverbindungen, Versicherungsverträge und andere Unterlagen vorfinden. Oft ist das aber nicht der Fall. Die Erben haben nur wenig oder überhaupt keine Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse des Erblassers. Was in diesem Fall tun?
Auskunftsansprüche geltend machen
„Den Erben stehen nach der Annahme der Erbschaft vielfältige Auskunftsansprüche zu“, so Rechtsanwalt Hammann. Um diese Ansprüche gegenüber Banken, Versichern oder Erbschaftsbesitzern geltend machen zu können, müssen sich die Erben als solche legitimieren können.
Hat der Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag gemacht, erteilen die Banken im Regelfall Auskunft über Konten und Kontostände, wenn die Erben den Eröffnungsbeschluss des Gerichts sowie die letztwillige Verfügung vorlegen können. Dasselbe gilt für Versicherungen. Nur wenn Zweifel über die Erben besteht, können Banken und Versicherer zu Recht auf einen Erbschein pochen. Anderenfalls riskieren sie, die Kosten für ein Erbscheinverfahren tragen zu müssen. Aber Achtung: „Wer während der Ausschlagungsfrist Auskunftsansprüche geltend macht, die er nur als Erbe erhalten würde bzw. erhalten kann, nimmt damit automatisch die Erbschaft an“, warnt Dr. Hammann.
Lebte der Erblasser mit einem Lebenspartner ohne Trauschein zusammen, können die Erben Informationen zum Nachlass von dem Partner einfordern. Über Sachen des Erblassers, die sich in der gemeinsamen Wohnung befinden, muss der Lebenspartner Auskunft erteilen. Fehlen bestimmte Gegenstände, die dem Erblasser gehörten, weil er sie zum Beispiel ausgeliehen hatte, muss dies der Lebenspartner ebenfalls offen legen. Hatte der Lebenspartner die Angelegenheiten des Erblassers im Rahmen einer umfassenden Vorsorgevollmacht geregelt, muss der Lebenspartner dies den Erben mitteilen. „Über Bankgeschäfte, die der Bevollmächtige für den Erblasser veranlasste, muss er den Erben dann außerdem Auskunft erteilen und Rechnung legen“, erklärt Rechtsanwalt Hammann.
Eidesstattliche Versicherung fordern
Bestehen auf Seiten der Erben berechtigte Zweifel, dass sämtliche Nachlassgegenstände sorgfältig aufgelistet wurden, können die Erben den Auskunftspflichtigen zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zwingen. „Verweigert er die Auskünfte, besteht die Möglichkeit, die Auskunft einzuklagen“, erklärt Rechtsanwalt Hammann.
Auch gegenüber anderen Erben, zum Beispiel einem Miterben, der im Rahmen der Vorsorgevollmacht für den Erblasser tätig war, dem Testamentsvollstrecker oder Personen, die Geschenke vom Erblasser erhalten haben, bestehen Auskunfts- und auch Herausgabeansprüche. „In der Praxis spielt dieser Bereich eine große Rolle. Häufig wird eingewandt, dass der Erblasser auf die Auskunftserteilung verzichte, und die fehlenden Nachlassgegenstände verschenkt habe“, berichtet Dr. Hammann.
Wichtig daher, die Rechte als Erbe zu kennen, um schnellstmöglich Informationen einzuholen und die richtige Entscheidung zu der Frage: Annehmen oder Ausschlagen? zu treffen. Auf fachkundige Unterstützung von einem auf Erbrecht spezialisierten Anwalt sollte daher wegen des Zeitdrucks und der weitreichenden Folgen der Entscheidung niemand verzichten.
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