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Aktuelle Rechtstipps

Vom 10. September 2018

Achtung Erbschleicher: Wie Sie rechtzeitig vorbeugen können

Alt, krank, einsam – viele Menschen im hohen Alter sind auf die Hilfe und Unterstützung anderer angewiesen. Es passiert dann immer wieder, dass ihr Vertrauen von skrupellosen Menschen schamlos ausgenutzt wird. Sie werden Opfer von Erbschleichern. Sei es, dass diese ihre Konten im Rahmen einer Kontovollmacht unbemerkt leer räumen oder Schmuck und Wertgegenstände heimlich wegschaffen. Im schlimmsten Fall werden ältere Menschen sogar soweit manipuliert, dass sie ihr Testament zugunsten der Erbschleicher ändern. Das Nachsehen haben die Angehörigen, die oft völlig ahnungslos waren, von nichts gewusst hatten und bei der Testamentseröffnung dann erst einmal einen Schock erleiden. Was tun?

„Die Verwandten haben es später schwer, das Erbe zurück zu holen“, sagt Rechtsanwalt und Notar Dr. Philipp Sticherling in Helmstedt, Mitglied der AG Erbrecht im DAV. „Im Falle eines Rechtsstreits vor Gericht müssten die Angehörigen beweisen, dass der Erblasser unter Druck gesetzt wurde oder gar nicht mehr in der Lage war, selbst ein Testament zu errichten.“

Testierunfähigkeit schwer nachzuweisen

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist testierunfähig „wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“. Hat ein Erblasser zum Beispiel seine Pflegerin in einem notariellen Testament zu seiner Alleinerbin eingesetzt, müssten die enterbten Kinder Beweise liefern, dass ihrem Vater gar nicht bewusst war, welche Tragweite seine Unterschrift hatte. „Bei einem notariellen Testament ist ein solcher Nachweis sehr schwer zu führen“, erläutert Rechtsanwalt und Notar Dr. Sticherling. „Denn der Notar ist kraft seines Amtes verpflichtet, sich vor der Beurkundung ein Bild über die Testierfähigkeit des Erblassers zu machen. Mangelt es daran nach seiner Überzeugung, soll er die Beurkundung ablehnen. Hat er Zweifel an der Testierfähigkeit, muss er das in der Urkunde vermerken.“ Umso schwerer für die Kinder, das Gegenteil zu beweisen. Zum Beispiel durch Arztberichte und Krankenakten, die zu einem eindeutig anderen Ergebnis kommen und belegen, dass der Erblasser beispielsweise schon seit Jahren an einer schweren Demenzerkrankung litt.

Rechtzeitig Vorsorge treffen

Gut zu wissen: Die künftigen Erblasser selbst können sich und ihre Angehörigen vor Erbschleichern schützen. Ehegatten haben zum Beispiel die Möglichkeit, sich in guten Zeiten in einem Ehegattentestament gegenseitig zu Alleinerben einzusetzen. Nach dem Tod des länger lebenden Partners erben dann die Kinder als Schlusserben. „Wenn diese Anordnungen im Testament als wechselbezüglich bezeichnet werden, sind sie bindend“, erklärt Rechtsanwalt und Notar Dr. Sticherling. Dies bedeutet, dass die Erbeinsetzung der Kinder später vom länger lebenden Partner nicht mehr geändert werden kann. „Potenzielle Erbschleicher ist damit ein Weg verschlossen, ein bestehendes Testament zu ihren Gunsten ändern zu lassen“, erklärt Rechtsanwalt und Notar Dr. Sticherling.

Die Gefahr, dass zu Lebzeiten Konten geplündert und Vermögen beiseite geschafft wird, lässt sich durch kluge Vorsorge ebenfalls bannen. Indem zum Beispiel bei Vorsorge- und Kontenvollmachten Sicherheitsnetze eingebaut werden. „Möglich ist es zum Beispiel, neben dem Bevollmächtigten eine weitere Kontrollperson mit einzusetzen, die alle Kontobewegungen überwacht“, erklärt Dr. Sticherling.

Rechtzeitig gegensteuern

Und wenn Angehörige den Verdacht haben, dass sich eine zwieträchtige Person in das Vertrauen eines Elternteils eingeschlichen hat und die Konten heimlich leerräumen könnte? „In solchen Fällen ist es ratsam, keine Zeit verstreichen zu lassen und schnell zu handeln“, rät Dr. Sticherling. Angehörige haben zum Beispiel die Möglichkeit, das Betreuungsgericht anzurufen und dort die Einrichtung einer Kontrollbetreuung zu beantragen. Das Gericht setzt dann eine Person ein, die dem Konto- oder/und Vorsorgebevollmächtigen auf die Finger schaut und Missbrauch abstellen kann. „Einfach abzuwarten und später das Geld zurück zu holen, ist in solchen Fällen oft nur sehr schwer möglich“, so Rechtsanwalt und Notar Dr. Sticherling.

Für alle Fragen rund um Erbschleicherei, Maßnahmen gegen Missbrauch, Formulierungen für Testamente und Vorsorgevollmachten wenden Sie sich am besten an einen Experten für Erbrecht.

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