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Aktuelle Rechtstipps

Vom 1. Februar 2014

Das Erbe ausschlagen: Wenn der Postbote klingelt

Wer sich vor Schulden aus einem Erbe schützen will, muss vor allem Fristen einhalten. Ein Nein zum Nachlass muss für Erben aber nicht endgültig sein. Es gibt einen Weg zurück – wenn unerwartet Vermögen auftaucht. Ein Interview mit Rechtsanwalt Dr. Hubertus Rohlfing.

 

Anwaltauskunft: Wie schlage ich ein Erbe aus?

DAV-Erbschaftsexperte Rohlfing: Das ist zunächst ein formaler Akt: Sie geben bei dem zuständigen Nachlassgericht eine Ausschlagungserklärung ab. In der Regel ist das Amtsgericht der Stadt zuständig, in der der Verstorbene zuletzt gewohnt hat. Bevor Sie das tun, müssen Sie Ihre Unterschrift unter der Erklärung allerdings bei einem Notar beglaubigen lassen.

 

Wie lange habe ich Zeit, mich zu entscheiden, ob ich das Erbe antrete?

Sobald das Testament eröffnet ist, bleiben den Erben sechs Wochen Bedenkzeit. Gibt es kein Testament, läuft die sechswöchige Frist ab, sobald die Angehörigen über die Erbschaft informiert worden sind. Mehr Zeit bleibt den Erben, wenn der Verstorbene im Ausland gelebt hat – in einem solchen Fall hat man sechs Monate Zeit, die Erbschaft auszuschlagen. Das gilt auch dann, wenn die Erben selbst außerhalb Deutschlands unterwegs waren, während Sie über den Nachlass informiert worden sind.

 

Die Erben werden also auch schriftlich informiert?

Ja, mit dem Erbschaftsprotokoll. Außerdem wird den Erben – sofern es eines gibt – auch das Testament in beglaubigter Kopie zugesandt. Die Frist läuft also ab, sobald der Postbote klingelt und die Unterlagen in den Briefkasten einwirft.

 

Legen sich Erben mit einer Verzichtserklärung endgültig fest?

Nein, sie können die Verzichtserklärung anfechten – brauchen dann aber einen guten Grund: z.B., dass Sie sich in Ihrer Entscheidung geirrt haben, weil sie nicht über das gesamte Vermögen des Verstorbenen informiert waren, als sie das Erbe ausgeschlagen haben. Genauso können Angehörige ihre Entscheidung anfechten, wenn sie das Erbe angenommen haben und erst danach entdecken, dass der Verstorbene Steuerschulden hatte. Selbst wenn sie versäumt haben, innerhalb der ersten Frist das Erbe auszuschlagen, können sie dagegen noch angehen: wiederum innerhalb von sechs Wochen.

 

Und danach? Was passiert denn, wenn Angehörige erst nach 10 Jahren auf eine Erbschaft aufmerksam werden und der Staat längst als Zwangserbe eingesprungen ist?

Wenn der Staat ein Erbe übernimmt, weil er keine Erben ausfindig machen kann, ist er verpflichtet, das Vermögen des Verstorbenen herauszugeben – wenn sich doch noch Erben melden. In einem solchen Fall müssen die Angehörigen beim Nachlassgericht einen Erbscheinsantrag stellen.

 

Welche Kosten kommen auf Erben zu, wenn sie doch noch auf das Vermögen des Verstorbenen zugreifen wollen?

Das ist abhängig vom Vermögen des Verstorbenen. Wenn der Verstorbene zum Beispiel 1 Millionen Euro auf einem Schweizer Schwarzgeldkonto versteckt hatte, kostet die Erben der Verwaltungsaufwand für das staatliche Interimserbe rund 3500 Euro.

 

Zur Person:

Rechtsanwalt Dr. Hubertus Rohlfing ist Fachanwalt für Erbrecht und Stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein.