Vom 1. Dezember 2011
Das gemeinschaftliche Testament eines Ehepaares ist auch dann gültig, wenn ein Ehepartner erst nach längerer Zeit beitritt. Voraussetzung ist, dass zum Zeitpunkt der Beitrittserklärung des Partners der Wille des anderen, der das Testament aufgesetzt hat, noch besteht.
1971 hatte der Ehemann für sich und seine Frau ein gemeinschaftliches Testament aufgesetzt, dem die Frau 1977 durch eine Beitrittserklärung beitrat: „Das vorstehende Testament meines Ehemannes soll auch als mein Testament gelten.“ In dem Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig zum Erben ein und ihre beiden Söhne im Falle ihres Todes.
Nach dem Tod seiner Frau heiratete der Mann erneut. 2004 setzte er ein handschriftliches Testament auf, in dem er seine zweite Frau zur Alleinerbin einsetzte. 2008 schloss das Ehepaar einen notariellen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Nach dem Tod des Mannes entbrannte ein Erbstreit, da die beiden Kinder des Mannes aus erster Ehe Anspruch auf das Erbe erhoben.
Die Richter entschieden, dass sich die Erbfolge nicht nach dem Erbvertrag von 2008, sondern nach dem vom Erblasser mit seiner ersten Frau 1971 und 1977 aufgesetzten Testament bestimme. Hierbei habe es sich eindeutig um ein gemeinschaftliches Testament gehandelt. Voraussetzung hierfür sei, dass „der Wille der Eheleute auf die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments gerichtet“ sei und dass sich das aus der Urkunde selbst zumindest andeutungsweise ergebe. Dies sei hier der Fall. Mit Formulierungen wie „die Eheleute“ und „…setzen uns hiermit gegenseitig…“ habe der Mann deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau ein gemeinschaftliches Testament habe aufsetzen wollen und nicht etwa für sich allein ein Einzeltestament. Die Erklärung der Ehefrau stelle eine typische Beitrittserklärung zu dem vom anderen Ehepartner geschriebenen gemeinschaftlichen Testament dar. Mit diesem Beitritt habe das Ehepaar daher ein gültiges gemeinschaftliches Testament errichtet.
Damit sei der Erblasser an die Einsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben gebunden gewesen. Die Erbfolge nach dem Erblasser bestimme sich deshalb nicht nach dem Erbvertrag von 2008, sondern nach dem gemeinschaftlichen Testament aus den Jahren 1971/1977.
Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 01. Dezember 2011 (AZ: 31 Wx 249/10)