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Aktuelle Rechtstipps

Vom 17. Mai 2017

Streit ums Erbe vorbeugen. Geht das?

„Sprecht ihr noch miteinander, oder habt ihr schon geerbt?“ – Wenn es ums Erbe geht, bricht in vielen Familien Streit aus. Und das keinesfalls nur in Fällen, in denen  es um größere Vermögenswerte geht. Auch über eine Eichentruhe im Flur, die mehr oder weniger den gesamten Nachlass ausmacht, kann so heftiger Streit ausbrechen, dass der Kontakt in der Familie für immer abbricht.

Wie lässt sich Erbenstreit vermeiden? Diese Frage treibt viele um und wird in Beratungen rund um die Nachlassplanung oft gestellt. „Ein klar formuliertes Testament, das keine Deutungen zulässt, ist schon mal eine gute Basis, um Streit unter Erben zu verhindern“, erklärt Wolfram Theiss, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im DAV. Er rät dringend davon ab, den letzten Willen ohne Einschaltung eines versierten Anwalts zu verfassen und Formulare aus Broschüren oder dem Internet zu verwenden. „Es besteht das Risiko, dass Regelungen getroffen werden, die der Erblasser im schlimmsten Fall gar nicht so wünscht, was ihm aber nicht bewusst ist.“

Das weit verbreitete Berliner Testament, mit dem sich Ehegatten zunächst zu Alleinerben einsetzen und ihre Kinder zu Schlusserben, bietet viel Streitpotenzial. Der Grund: Nach dem Tod beider Eltern bilden die Kinder automatisch eine Erbengemeinschaft, auf die alle Vermögenswerte übergehen. Auto, Elternhaus, Mietwohnung, Kapitalvermögen – über alles müssen sich die Geschwister dann auseinandersetzen. Bei grundlegenden Entscheidungen, zum Beispiel die Frage, ob das Elternhaus verkauft werden soll, müssen alle Geschwister zustimmen. Schießt einer quer, können die anderen den Verkauf nur noch unter Einschaltung eines Gerichts durchsetzen.

Teilungsanordnungen, Vermächtnisse, Auflagen – das sind Instrumente, mit denen Eltern schon zu Lebzeiten auch im Rahmen eines Berliner Testaments festlegen können, wie die Kinder das Erbe verteilen müssen. Streit über die Frage, was mit den einzelnen Nachlassgegenständen passieren soll, lässt sich dadurch vorbeugen. Wenn in Familien offen kommuniziert wird und sich alle gut verstehen, kann es auch sinnvoll sein, wenn Eltern mit ihren Kindern über ihre Nachlassüberlegungen sprechen und sie mit einbeziehen. Jedes Kind weiß dann, was im Einzelnen geregelt ist und kann sich darauf einrichten. Letztlich ist aber natürlich niemand verpflichtet, seinen letzten Willen schon zu Lebzeiten allen bekannt zu machen. Jede Familie ist anders, und in der einen oder anderen Familie kann sich die gut gemeinte Idee als Fehlentscheidung entpuppen, weil es schon zu Streit unter Geschwistern kommt, bevor die Eltern verstorben sind.