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Aktuelle Rechtstipps

Vom 16. Februar 2017

Über die Bestimmung eines Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung

(DAV). Der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung kann gegenüber der Versicherung bestimmen, wer zum Bezug der Versicherungsleistung nach seinem Tod berechtigt sein soll. Nach einem Beschluss des Oberlandgerichts Hamm wird nicht Bezugsberechtigter, wenn er nicht im Versicherungsantrag erwähnt ist. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm.

 

Der Fall

Der damals 17-jährige Erblasser beantragte im Jahr 1988 den Abschluss einer Lebensversicherung. Im Antrag gibt er an, dass im Falle seines Todes zum Bezug der Versicherungsleistung seine „Eltern, bei Heirat Ehegatte“ berechtigt sind. Im daraufhin erstellten Versicherungsschein heißt es zum Bezugsrecht „beim Tode der zuerst sterbenden versicherten Person der Ehegatte des versicherten im Zeitpunkt seines Ablebens“. Von 1996 an ist der Erblasser verheiratet, lässt sich aber im Jahr 2000 wieder scheiden. Der Vater verstarb im Jahr 2013. Die Versicherung zahlte die Lebensversicherungssumme an dessen Eltern aus. Die nicht aus der Ehe stammende Tochter begehrt gerichtlich aber die Zahlung der Versicherungssumme an sich.

 

Die frühere Ehegattin wird es sicherlich nicht

Das OLG sieht keine Chancen für die Tochter: Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung, da sie nie Bezugsberechtigte und sie wegen einer anderweitigen Bezugsrechtsbestimmung nicht als Erbin Anspruchsinhaberin geworden ist. Die Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe abstellend auf die Sicht des Versicherers als objektivem Empfänger auszulegen ist. Gemessen daran steht vorliegend fest, dass Bezugsberechtigte nach der Scheidung im Jahre 2000 nicht die zwischenzeitliche Ehefrau des Vaters sein soll. Denn der Vater bringt für einen Versicherer erkennbar zum Ausdruck, dass die Bezugsberechtigung des potentiellen Ehegatten nur für die Dauer der Ehe bestehen soll. Auch wenn der Vater handschriftlich nur „bei Heirat Ehegatte“ einfügt, handelt es sich dabei bereits um eine aufschiebend bedingte Bezugsrechtbestimmung irgendeiner beliebigen und nicht bestimmten, namentlich bekannten, nur nicht mit dem Namen, sondern ihrer Funktion benannten Person. Diese aufgeschobene Bedingung bei gleichzeitiger Benennung seiner Eltern als Bezugsberechtigte für den Fall keiner Heirat muss der objektive Empfänger dahin verstehen, dass der Vater sich Gedanken über den (Fort‑) Bestand der Ehe macht und die Bestimmung des Ehegatten zugleich auflösend auf die Scheidung bedingen will. Denn die Bezugsrechtsbestimmung knüpfte ausschließlich an die konkrete Funktion potentieller „Ehegatte“ an, die aufgrund einer Scheidung oder des Todes endet. Es scheint, dass der Erblasser als Unverheirateter durch die Aufnahme der Eltern im ersten Schritt ausschließlich überhaupt einen Bezugsberechtigten bestimmen wollte. Dies sind besondere Anhaltspunkte, die es erlauben, die Benennung des „Ehegatten“ als auflösend bedingt durch eine Scheidung oder sonstige Beendigung der Ehe anzusehen. Zugleich ergibt sich für einen objektiven Empfänger daraus aber nicht, dass die Bestimmung der Eltern mit einer Heirat endgültig entfallen soll. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe nicht wieder die ursprünglich Benannten berechtigt sein sollen. Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem vom Antrag abweichenden Versicherungsschein, der die Eltern des Vaters gar nicht mehr erwähnt. Denn zum einen handelt es sich bei der Bezugsrechtsbestimmung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, so dass es nur auf den Antrag ankommt. Zum anderen wäre mangels aus dem Versicherungsschein ersichtlichen Hinweises der Vertrag entsprechend dem Antrag zustande gekommen.

 

Die Tochter wird es aber auch nicht

Schließlich bestehen für den objektiven Empfänger der Bezugsrechtsbestimmungserklärung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe eine vierte Person – z. B. potentielle Kinder – bezugsberechtigt sein sollten.

 

Oberlandgericht Hamm, Beschluss vom 13.5.2016 (Az.: 20 W 20/16)

DAV: 16.02.